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Insights

«Bulls in Red»: Warum die Kupferpreise steigen

Langfristige Auswirkungen
Aufstieg und Fall der Anlageklassen
Nachhaltige Wertschöpfung
Insights

Publiziert am 27.02.2021

Im Februar 2021 rückte ein Markt ins Rampenlicht, der für viele Investoren lange Zeit vergessen schien: die Rohstoffbörsen. Insbesondere Kupfer hat mit einer Langzeithoch von sich reden gemacht. Lesen Sie mehr zu diesem Thema und erfahren Sie, warum Rohstoffe auch im Jahr 2023 ein interessanter Pfad für Investitionen sei können.

  

WIESO DIESES THEMA IM JAHR 2023 WICHTIG IST

Klimawandel und technologischer Fortschritt rücken Rohstoffe in den Fokus

Die Rohstoffbörsen sind wieder ins Rampenlicht gerückt, weil zum Beispiel Kupfer, Lithium und Nickel kritische Elemente für die Technologien von morgen sind.

  • Die zunehmende Verbreitung elektronischer Geräte dürfte auch den Bedarf an Mineralien und Metalle erheblich steigern. Beschleunigend wirken zudem die wachsende Weltbevölkerung und der rasche technologische Fortschritt. Denn ohne Rohstoffe funktionieren weder unsere Mobiltelefone und Computer noch die wachsende Zahl von Elektrofahrzeugen auf unseren Strassen oder die Sonnenkollektoren auf unseren Dächern.
  • Darüber hinaus ist zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens ein Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien unerlässlich, was zu einer steigenden Produktion von Batterien, Elektromotoren, Windkraftanlagen und Solarzellen führen könnte.

Die Internationale Energieagentur (International Energy Agency, IEA) schätzt, dass der Anteil der Energietechnologien an der Gesamtnachfrage nach Kupfer und Seltenen Erden in den nächsten zwei Jahren auf über 40 Prozent steigen wird. Bei Nickel wird ein Wachstum von 60–70 Prozent und bei Lithium sogar fast 90 Prozent erwartet.

Die Unternehmen, die diese Materialien und Metallen fördern und verarbeiten, sowie die Unternehmen, die in der verbundenen Infrastruktur tätig sind, könnten davon profitieren und Anlegern attraktive Investitionsmöglichkeiten bieten.

  

Experten-Interview: Gründe für einen Rohstoff-Bullenmarkt


Gut zehn Jahre lang haben Investoren den Rohstoffmarkt als Bärenmarkt kennengelernt. Wer nicht schon seit Längerem an der Rohstoffbörse aktiv ist, kann unter Umständen nicht aus eigener Erfahrung einordnen, was wir aktuell erleben.

  

  • Über unseren Rohstoff-Experten
    Porträtaufnahme von Stefan Eppenberger, Head Multi-Asset Strategy sowie Aktien- und Rohstoff-Spezialist

    Stefan Eppenberger

    Senior Investment Strategist

    Stefan Eppenberger stiess 2008 zu Vontobel. Als Aktien- und Rohstoff-Stratege ist er Mitglied des Teams für Investment Strategie & Asset Allocation.

    Er ist verantwortlich für die Aktien- und Rohstoffstrategie. Darüber hinaus ist er zuständig für die Erstellung der langfristigen Renditeprognosen als Grundlage für die strategische Asset-Allocation-Beratung.

    Stefan Eppenberger schloss an der Universität Zürich mit einem Master und einem Bachelor of Arts in Banking & Finance ab.

     

     

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Stefan Eppenberger, bewegen wir uns auf einen Bullenmarkt zu?

Lassen Sie mich erst ein wenig ausholen…  Um die Frage zu beantworten, möchte ich aufzeigen, wie es zu einem Bären- und Bullen­markt im Rohstoff­bereich kommt. Nehmen wir als Beispiel den letzten grossen Rohstoff­zyklus von 2000 bis heute. Meist steht ein positiver Nachfrage­schock am Anfang eines Bullen­marktes. In den 2000er-Jahren war dies der enorme Rohstoff­bedarf aus China. Typischer­weise kann die Angebots­seite mit dem hohen Tempo der Nachfrage nicht mithalten. Denn Abbau­projekte müssen meist über Jahre geplant und umgesetzt werden. Die daraus resultierende Knappheit an Rohstoffen sorgte währenddessen für höhere Preise an den Rohstoff­börsen. Der Bullen­markt dauert solange bis sich die starke Nachfrage abschwächt. Oft geschieht dies gleichzeitig mit einem Über­angebot von Rohstoffen aus den neu errichteten Produktions­stätten. Diese Konstellation führt zu fallenden Rohstoff­preisen, zu einem Bären­markt. Die Rohstoff­produzenten müssen ihre Investitionen monetarisieren, notfalls auch zu tieferen Preisen. Genau das haben wir in den letzten zehn Jahren erlebt.

 

  

Welches sind die Gründe, dass das Interesse an Rohstoffen wieder geweckt wurde? Haben wir es hier mit einem Hype zu tun – oder sehen Sie strukturelle Treiber?

Steigende Preise wecken natürlich immer das Interesse von Investoren (lacht). Es gibt verschiedene Interpretationen, warum Rohstoff-Investments an Attraktivität gewinnen können. Aktuell scheinen einige eine Trendwende bei der Inflation zu erwarten, angetrieben von den enormen geld- und fiskalpolitischen Unterstützungs­massnahmen während der Corona-Krise. Rohstoffe gelten allgemein als guter Schutz vor Inflation.

«Rohstoffe gelten allgemein als guter Schutz vor Inflation.»

Wir denken, für ein solches Inflations­szenario ist es wohl noch zu früh. Gerade weil nach der jüngsten Krise die Kapazitäts­auslastung vieler Unternehmen noch zu tief ist. (Mehr zum Thema «Inflation» in diesem Grundlagenartikel.)

Der Preisanstieg seit Sommer 2020 hat unseres Erachtens vor allem fundamentale Gründe. Einerseits verbesserte sich die Stimmung im verarbeitenden Gewerbe nach dem ersten Covid-19 bedingten Lockdown von Monat zu Monat. Besonders in China, das die Krise bekanntlich besser gemeistert hat, ist die Nachfrage nach Rohstoffen stark angestiegen. Gleichzeitig wurde in dieser Krise auch der Abbau von Rohstoffen stark eingeschränkt, teils freiwillig, teils gezwungenermassen. Wir beobachten, dass die Lagerbestände derzeit stark im Fallen begriffen oder bereits auf mehrjährigen Tiefständen angekommen sind.

Zusätzlich Phantasie in die derzeitige Preisrally bringt die Hoffnung auf einen neuen, positiven Nachfrageschock. Der starke Trend hin zu emissionsfreien Energieformen könnte Bewegung in die Rohstoffwelt bringen. Zudem wurden in den letzten fünf Jahren die Neuinvestitionen in Abbauprojekte aufgrund des Tiefpreisumfelds stark zurückgefahren. Es gibt also durchaus gute Gründe für einen neuen Rohstoff-Bullenmarkt.

Gerade Kupfer ist seit Mitte Februar mit Höchstpreisen aufgefallen. Warum glänzt ausgerechnet Kupfer fast schon goldig?

Kupfer ist und bleibt aufgrund der chemischen Eigenschaften unersetzlich bei der Elektrifizierung der globalen Wirtschaft. Die enormen regulatorischen Anstrengungen in den letzten Monaten zur Bekämpfung des Klima­wandels dürfte hier einen Paradigmen-Wechsel nach sich ziehen. Beispiels­weise wird für ein Elektroauto (Electric Vehicle, EV) viermal mehr Kupfer benötigt als für ein vergleich­bares Fahrzeug mit Verbrennungs­motor. Noch höher wird die Nachfrage nach Kupfer im Aufbau neuer Solar­anlagen, Windkraft­anlagen und Energie­speicher­systeme sein. In den letzten Monaten hat das rote Metall sicher auch von der starken Nachfrage aus China profitiert. Auch die Covid-19 bedingten Liefer­engpässe aus Südamerika, die Region mit den grössten Kupfer­vorkommen, haben für Preisdruck gesorgt. Doch gerade weil viele Kupfer­lager bereits halbleer stehen, hat das Metall bei der ansteigenden Nachfrage aus erneuerbaren Energien Potenzial für weitere Preis­anstiege. Ähnlich sieht es auch bei anderen Industrie­metallen aus.

Bleiben wir noch beim Beispiel E-Mobilität: Was sollten Investoren auf dem Radar haben, wenn sie davon ausgehen, dass Elektroautos wortwörtlich «Fahrt aufnehmen»?

Die grossen Gewinner des EV-Booms sind Lithium, Kobalt und vor allem Nickel. Die Nachfrage nach Lithium wird sich bis 2030 voraussichtlich verdreifachen, jene für Kobalt und Nickel mindestens verdoppeln. Ab 2030 dürfte die Nachfrage dann nochmals stark zunehmen. Dies hängt stark davon ab, wie schnell die Elektro­autos an Marktanteil gewinnen können. Laut Prognosen von BloombergNEF wird der EV-Anteil an den weltweiten Auto­verkäufen von heute weniger als 3% auf mehr als 20% im Jahr 2030 anwachsen. Spätestens im Jahr 2037 sollten die Verkaufs­zahlen von Elektro­autos höher als jene von Autos mit Verbrennungs­motoren liegen. (Lesen Sie hier mehr zum EV-Boom.)

«Spätestens im Jahr 2037 sollten die Verkaufs­zahlen von Elektro­autos höher liegen als jene von her­kömmlichen Autos.»

Dement­sprechend stellt sich die Frage, ob das welt­weite Angebot mit der stark ansteigenden Nachfrage mithalten kann. Grundsätzlich sind genügend Reserven vorhanden. Auch wenn man das Angebot durch Recycling oder neuer Quellen ausser Acht lässt, werden wir bis 2050 weniger als 50% der globalen Reserven ausge­schöpft haben. Weniger klar ist, wie schnell die Rohstoffe gefördert und verarbeitet werden können. Zum einen liegen derzeit viele Förder­projekte wegen der relativ niedrigen Preise auf Eis. Zweitens benötigen China und andere Emerging Markets (Schwellen­länder) für den Aufbau ihrer Infrastruktur weiterhin grosse Mengen dieser Metalle, insbesondere Nickel. Drittens, und das gilt besonders für Kobalt, befinden sich die Abbau­gebiete teilweise in Gebieten mit instabilen politischen Verhältnissen.

Blicken wir zum Abschluss noch auf das andere Ende der Waage. Wenn die E-Mobilität zunimmt, hat das auch Konsequenzen für die Öl-, Gas- und Kohle­industrie. Wie reagiert sie aktuell?

Die Abkehr von Verbrennungs­motoren dürfte negative Implikationen für die Erdölnachfrage mit sich bringen, da die globale Transport­industrie derzeit mit über 50% der Haupt­abnehmer des schwarzen Goldes ist. Den grössten Anteil daran nimmt der Strassen­verkehr mit rund 75% ein. Natürlich wird die globale Autoflotte noch einige Zeit auf Benzin angewiesen sein. Dank des strukturellen Trends zu mehr Mobilität in den Emerging Markets wird die Fahrzeug­flotte auch weiterhin wachsen. Dennoch wird erwartet, dass die Nachfrage nach Öl – verursacht durch den Strassen­verkehr – im Jahr 2030 ihren Höhepunkt erreicht haben wird. Neben dem Umstieg auf EVs werden auch Effizienz­gewinne beim Verbrennungs­motor zu dieser Trendwende beitragen, ebenso der Trend zu Carsharing. Auch wenn die Gesamt­nachfrage nach Öl aufgrund der Petrochemie noch darüber hinaus ansteigt: Der EV-Boom dürfte ausschlag­gebend für das Ende des Öl­zeitalters sein.

«Der EV-Boom dürfte ausschlag­gebend sein für das Ende des Öl­zeitalters .»

Das heisst allerdings nicht unbedingt, dass die Erdöl­preise ins Bodenlose fallen werden. Die Investitionen in neue Erdöl­quellen ist aufgrund der niedrigen Preise in den vergangenen Jahren ebenfalls stark zurück­gegangen. Die erwähnten negativen Nachfrage­aussichten dürften dazu führen, dass sich zumindest die Privat­industrie bei der kosten­intensiven Suche nach neuen Quellen stark zurückhalten wird. Es ist nicht auszuschliessen, dass die Erdöl­preise aufgrund von Angebots­engpässen vor dem Ende des Öl­zeitalters nochmals kräftig in die Höhe schiessen.

 

  

 

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