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Umgang mit ESG-Kontroversen: Die Philippinen

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Perspektiven 2022

Publiziert am 24.11.2021 MEZ

Wenn Anleger Nachhaltigkeitsaspekte (ESG) als Bestandteil ihres Anlageprozesses betrachten, richtet sich ihr Blick in aller Regel auf Unternehmen. Doch jedes Unternehmen ist in einem Land ansässig und der Staatsgewalt unterworfen. Wie ein Land regiert wird, bestimmt die Handlungsmöglichkeiten der dort ansässigen Unternehmen. Daher sollte eine länderspezifische Nachhaltigkeits-Analyse in den Überlegungen jedes Anlagemanagers einen festen Platz haben.

Wir verwalten Schwellenländeranleihen mit besonderem Fokus auf Staatsanleihen in Hartwährung. Daher hat die Analyse des Landes für uns stets einen besonderen Stellenwert. In den vergangenen Jahren wurden ESG-Anlagen stärker reglementiert und klarer definiert. Gerade mit Blick auf Schwellenländeranleihen sollten sie immer eine Schlüsselrolle im Anlageprozess spielen. Besonders das «G» für «Governance» (Staats-/Unternehmensführung) ist von zentraler Bedeutung.

Viele Anleger stützen sich bei Anlageentscheiden auf Ausschlusskriterien. Damit kommen Länder und Emittenten nicht mehr infrage, die gewisse vordefinierte ESG-Prüfkriterien nicht erfüllen. Ausschlusskriterien sind zwar eine berechtigte Strategie, doch damit werden auch Länder und Emittenten ausgeschlossen, die mit Blick auf ihre ESG-Performance Fortschritte machen. Meiner Überzeugung nach sollten die Nachzügler, die womöglich die Vorreiter von morgen sind, belohnt und ermutigt werden. Doch was geschieht, wenn ein Land in ESG-Fragen Rückschritte macht? Wie sollten aktive Anleger in einem solchen Fall reagieren?

Betrachten wir beispielhaft ein ESG-Negativszenario: Wie sollten sich Anleger in Schwellenländer-Staatsanleihen hier positionieren?

Kontroversen erhöhen das Governance-Risiko

Die Pandemie ist ein globales Ereignis und alle Länder dieser Welt mussten Entscheidungen, um auf Corona zu reagieren. Eine ausser Kontrolle geratene Pandemie kann in einer Volkswirtschaft verheerende Schäden anrichten, welche die Logistik, die Beschäftigungsquote, die Handelsaktivität und viele weitere Bereiche in Mitleidenschaft ziehen. Die Philippinen haben sich – als eine der grossen Volkswirtschaften mit einer Bevölkerung von fast 110 Millionen Menschen – im Umgang mit der Pandemie nicht gut geschlagen.

 

Sustainalytics – ein Unternehmen, das die ESG-Performance von Ländern und Unternehmen bewertet – stufte die Philippinen wegen des «Risikos von Kontroversen» in die Risikokategorie «hoch» ein. Diese Erhöhung der Risikoeinstufung erklärt sich dadurch, dass die Regierung die Coronakrise im Vergleich zu den ASEAN-Nachbarländern schlecht bewältigt hat, was zu einer schwierigen medizinischen Lage im Land und zu erheblichen wirtschaftlichen Schäden führte.

 

Seit dem Amtsantritt von Präsident Rodrigo Duterte am 30. Juni 2016 konzentriert sich die Innenpolitik auf die Bekämpfung des Drogenhandels. Duterte begann einen umstrittenen Krieg gegen Drogen, Kriminalität und Korruption und unterstützt Hinrichtungen ohne Gerichtsurteil bei vermeintlichen Drogenkonsumenten und Kriminellen. Bis Oktober 2020 forderte der Krieg gegen Drogen 5’800 Menschenleben und führte zu 256’000 Verhaftungen von Personen, die des Drogenhandels verdächtigt werden. Seit seiner Wahl im Jahr 2016 wird der von Duterte forcierte Krieg gegen Drogen scharf kritisiert, auch von den Vereinten Nationen und Amnesty International.

 

Laut MSCI werden die Philippinen mit Blick auf die Staatsführung als Land mit mittlerem Risiko bezüglich Demokratie und Pressefreiheit und als Land mit hohem Risiko bezüglich Rechtsstaatlichkeit und Korruption eingestuft.

 

Situation vor der Pandemie

Vor der Corona-Pandemie wuchs die Wirtschaft der Philippinen rund 6 Prozent pro Jahr (laut Weltbank), die Staatsverschuldung lag mit 42 Prozent des BIP unter dem globalen Durchschnitt (der weltweite Median liegt bei 47 Prozent*).

 

Das Hauptaugenmerk der Regierung (oder vielmehr des Präsidenten) lag zwar auf dem Krieg gegen Drogen, doch der Weltbank zufolge leisteten massgebliche Reformen wie das «Ease of Doing Business Law» und das «Rice Tariffication Law» auch einen Beitrag zur Armutsbekämpfung und staatliche Infrastrukturinvestitionen unterstützten den Wachstumskurs der Wirtschaft.

 

ESG-Kreditauswirkungen

Bislang hatten weder der Umgang mit der Pandemie noch die oft autokratisch wirkende Regierungsführung des Präsidenten wesentlichen Einfluss darauf, wie das Kreditrisiko ausstehender Staatsanleihen (in Hartwährung) im Vergleich zu IG-Anleihen und anderen asiatischen Anleihen durch den Markt bewertet wird (wie aus der nachstehenden Grafik ersichtlich).

 

 

Wir sehen ein erhebliches Risiko, dass die Mängel bei der Pandemieprävention und der medizinischen Versorgung sich auf die Volkswirtschaft auswirken und dies zu einem Abwärtsdruck bei den gehandelten Schuldtiteln des Landes führt.

 

Ausblick

Obgleich diese Kontroversen noch ungelöst sind, lässt der aktuelle Kurs des Landes unserer Ansicht nach wenig Spielraum für taktische Anlagechancen. Die Anleihenkurse berücksichtigen die Nachhaltigkeits-Risiken nicht, die sich durch die Pandemie verschärft haben, und scheinen auch den autoritären Führungsstil von Präsident Rodrigo Duterte ausser Acht zu lassen.

 

Allerdings könnten die Wahlen im Mai 2022 einige Möglichkeiten eröffnen. Die Philippinen bieten Anleihenanlegern weiterhin Potenzial. Dennoch wäre es hilfreich, wenn die nächste Regierung eine konkrete Bereitschaft zeigen würde, zu einer nachhaltigeren Governance zu finden. Damit könnte sie ihre ESG-Performance verbessern und die Lebensbedingungen der Menschen im Land verbessern. Auf diese Weise würde sie die Grundlage für nachhaltiges, langfristiges Wachstum schaffen und so letztlich Anleger anziehen.

* MSCI, Sustainalytics, per 30.10.2020.

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Über den Autor

Luc D'hooge

Luc D'hooge

Emerging Market Fixed Income

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