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Momentum-Strategien mit weniger Risiko

Publiziert am 05.03.2025 MEZ

Einführung

Momentum-Strategien sind weit verbreitet und gut erforscht, sowohl unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten als auch in der praktischen Anwendung. Sie lassen sich mit einer Vielzahl von Anlageklassen, Indizes, Regionen und Zeiträumen umsetzen und ihre Performance gilt als solide. Allerdings gehen Momentum-Strategien häufig mit einer höheren Volatilität einher. Solange sich der Trend der selektierten Anlagen fortsetzt, funktionieren sie gut, aber wenn sich Trends umkehren, steigen die Risiken. In diesem Artikel erläutern wir, was Momentum-Strategien auszeichnet, wie sie funktionieren und wie man die damit verbundenen Risiken reduzieren kann – beispielsweise durch eine dynamische Absicherung, die darauf abzielt, so genannte «Drawdowns» zu minimieren.

Momentum – die Idee hinter der Strategie

Momentum-Strategien folgen der Annahme, dass die vergangene Rendite einer Anlage positiv mit der künftigen Rendite einer Anlage korreliert. Ähnlich dem Wetter: Wenn es gestern und heute geregnet hat, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es auch morgen regnen wird.[1] Im Anlagekontext: Wenn ein Vermögenswert eine gewisse Zeit lang gestiegen ist, besteht die Wahrscheinlichkeit, dass er zunächst weiter steigt. Dasselbe gilt für negatives Momentum.

Die Idee, dass sich die Aufwärtstrends starker Aktien über einen gewissen Zeitraum fortsetzen, ist nicht neu. Bereits in den 1980er Jahren wurde sie von Rohstoffhändlern systematisch verfolgt, als diese zum ersten Mal mit PCs ausgestattet wurden.2 Heute sind Momentum-Strategien fest am Markt etabliert und ihre Chancen und Risiken wissenschaftlich gut erforscht. Es handelt sich dabei um grundlegende, wissenschaftlich fundierte Investment-Ansätze, die häufig angeführt werden, um das Prinzip der Renditeentwicklung zu erläutern und zu erforschen.

 

Wie lässt sich Momentum nutzen?

In der Theorie ist es simpel: Man definiert ein Anlageuniversum und ordnet die darin enthaltenen Anlagen nach ihrer bisherigen Performance. Die Aktien mit der besten Performance und den stärksten Aufwärtstrends werden für das Portfolio selektiert. Durch diese Top-Auswahl sollen die Aktien mit dem grössten Aufwärtspotenzial gebündelt werden.

In der Tat haben sich Momentum-Strategien bisher als erfolgreich erwiesen: Cliff Asness, Tobias Moskowitz und Lasse Pedersen haben in ihrer Studie «Value and Momentum Everywhere»3 nachweisen können, dass das oberste Drittel von Aktien, die nach Momentum geordnet werden, durchweg besser abschneidet als das unterste Drittel, und zwar um mindestens 5 Prozentpunkte pro Jahr. Die Ergebnisse sind nicht auf bestimmte Regionen, Indizes oder Zeiträume beschränkt, sondern gelten übergreifend und bei unterschiedlichen Marktbedingungen.

Auch über Konjunkturzyklen hinweg hält der Momentum-Effekt an. Unabhängig davon, ob die Wirtschaft sich verlangsamt, schrumpft, sich erholt oder expandiert, haben Momentum-Portfolios in der Vergangenheit vor allem in Abschwung- und Erholungsphasen besser abgeschnitten als andere Stile.

 

Welche Risiken beinhalten Momentum-Strategien?

Momentum-Strategien können hohe Renditen erzielen, haben aber einen entscheidenden Nachteil: ihre Anfälligkeit für hohe Volatilität. Wenn sich Trends umkehren, können herkömmliche Momentum-Aktien starke Rückschläge erleiden, was zu einem erhöhten Risiko für das Portfolio führt.

Momentum-Strategien können über alle Konjunkturzyklen hinweg die höchste Volatilität aufweisen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit eines aktiven Risikomanagements. Die in etwa gleichbleibende Volatilität über die verschiedenen Zyklen hinweg deutet sogar darauf hin, dass Momentum-Strategien unabhängig von den wirtschaftlichen Bedingungen sowohl in ihrem Rendite- als auch in ihrem Risikopotenzial beständig bleiben. Ein dynamischer Absicherungsansatz kann daher sinnvoll sein, der an die steigende Volatilität in der jeweiligen Phase des Konjunkturzyklus geknüpft ist.

 

Wie kann Momentum optimiert werden?

Der Schlüssel zur Optimierung von Momentum-Strategien liegt im Risikomanagement, insbesondere während (oder idealerweise vor) turbulenten Marktphasen. Unsere Momentum-Strategien beinhalten ein dynamisches Hedging: Wenn die Marktvolatilität zunimmt, wird eine Short-Position im Gesamtmarkt platziert, um das Portfolio zu schützen.5 Unsere Analysen haben gezeigt, dass ein plötzlicher Anstieg der Marktvolatilität ein zuverlässiger Indikator für bevorstehende Turbulenzen ist.

Eine Studie unseres Expertenteams vergleicht Long-Only-Momentum- (LO) und Long-Hedge-Strategien (LH) in den USA, Europa und der Schweiz und legt nahe, dass dynamisches Hedging positive Effekte auf Rendite und Volatilität haben kann.

In den USA erhöht dynamisches Hedging die Überschussrendite von 8,6 Prozent auf 9,2 Prozent, während die Volatilität um 4,7 Prozentpunkte sinkt. Damit steigt die Sharpe Ratio6 von 0,4 auf 0,6 und macht die USA zur Region mit der besten risikoadjustierten Gesamtrendite.

In Europa sinkt die Volatilität um 5,1 Prozentpunkte, die stärkste Reduktion aller Regionen, während die Überschussrendite leicht um 0,2 Prozentpunkte steigt und sich die Sharpe Ratio auf 0,3 verbessert.

In der Schweiz reduziert die Strategie die Volatilität um 2,5 Prozentpunkte und erhöht die Rendite um 0,3 Prozentpunkte, was zu einer höheren Sharpe Ratio von 0,5 führt.

Während alle Regionen profitieren, weisen die USA die beste Balance zwischen höheren Renditen und geringerer Volatilität auf, während in Europa die Volatilität am stärksten reduziert wird.7

Fazit

Momentum-Strategien bieten die Chance, von Markttrends zu profitieren, bergen aber auch Risiken. Insbesondere für unerwartete und starke Markteinbrüche ist dieser Anlagestil anfällig. Dynamisches Hedging bietet eine Lösung, indem es Portfolios in volatilen Marktphasen schützt. Dies ermöglicht es Anlegern, vom Momentum von Anlagen zu profitieren und gleichzeitig die Risiken zu reduzieren. Für Anleger, die ihre Rendite optimieren möchten, ohne ihr Portfolio einer höheren Volatilität auszusetzen, bieten Momentum-Tracker mit Hedging-Strategien einen attraktiven Ansatz.

1 Quelle: Asness, Cliff S. and Moskowitz, Tobias J. and Moskowitz, Tobias J. and Pedersen, Lasse Heje, Value and Momentum Everywhere (June 1, 2012). Chicago Booth Research Paper No. 12-53, Fama-Miller Working Paper, Available at SSRN:https://ssrn.com/abstract=2174501or http://dx.doi.org/10.2139/ssrn.2174501

2 Quelle: Einen umfassenden Überblick über die Beständigkeit von Wettermustern (und eine Analyse, wie diese durch den Klimawandel verstärkt wird) finden Sie unter: https://doi.org/10.1175/BAMS-D-21-0140.1 Dr. Haibo Du and Dr. Markus Donat, “Extreme Precipitation on Consecutive Days Occurs More Often in a Warming Climate” (April 2022), American Meteorological Society

3 Quelle: Einen interessanten Bericht über die Ereignisse finden Sie bei Michael W. Covel, “The Complete TurtleTrader”

4 Quelle: Asness, Cliff S. und Moskowitz, Tobias J. und Moskowitz, Tobias J. und Pedersen, Lasse Heje, “Value and Momentum Everywhere” (1. Juni 2012). Chicago Booth Research Paper No. 12-53, Fama-Miller Working Paper, Verfügbar unter SSRN:https://ssrn.com/abstract=2174501or http://dx.doi.org/10.2139/ssrn.2174501

5 „Shorting“ ist eine Strategie, bei der man sich Wertpapiere leiht und sie in der Erwartung verkauft, dass ihr Preis fallen wird. Ist dies der Fall, kauft man sie zu einem niedrigeren Preis zurück und profitiert von der Differenz. Steigt der Kurs jedoch, kann es zu Verlusten kommen. Im Grunde genommen handelt es sich um eine Wette auf fallende Kurse, die sowohl zu Gewinnen als auch zu Verlusten führen kann.

6 Die Sharpe-Ratio ist eine Finanzkennzahl, die den Mehrertrag einer Anlage gegenüber einer risikofreien Anlage für jede Einheit des eingegangenen Risikos quantifiziert. Sie wird berechnet, indem die risikofreie Rendite von der Anlagerendite abgezogen und das Ergebnis durch die Standardabweichung der Anlagerenditen dividiert wird. Eine höhere Sharpe Ratio weist auf ein effizienteres Risiko-Rendite-Verhältnis hin und bedeutet, dass der Anleger für jede eingegangene Risikoeinheit eine höhere Rendite erhält.

7 Quelle: Vontobel

Publiziert am 05.03.2025 MEZ

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