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Zinssenkungen, Inflation und die US-Wahlen – die wichtigsten Erkenntnisse für Anleger

Publiziert am 04.11.2024 MEZ

Im Expertengespräch «The Big Picture» diskutierten Dan Scott, Chief Investment Officer, und Mario Montagnani, Senior Investment Strategist der Multi Asset Boutique, darüber, was die veränderte makroökonomische Landschaft für Anleger bedeutet.

Von der Zinssenkung der US-Notenbank Fed bis zu den US-Wahlen – unsere Experten haben im Hinblick auf das letzte Quartal dieses Jahres untersucht, wie aktuelle Ereignisse die Märkte beeinflussen und was das restliche Jahr 2024 für Anleger bereithalten könnte.  

Keine Zeit für den 30-minütigen Replay? Hier die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Gespräch:

Corinne Gretler: Viele Analysten werten die grosse Zinssenkung der Fed von 50 Basispunkten als ein schlechtes Zeichen. Wie seht ihr das?

Dan Scott: Nein, ich glaube nicht, dass die grosse Senkung ein schlechtes Zeichen ist. Im Gegenteil, ich denke, die Senkung war längst überfällig. Die Fed ist grundsätzlich transparent bezüglich der Daten, die sie verwendet und Inflation ist ohnehin schon seit einiger Zeit kein Thema mehr. Das neue Problem ist meiner Meinung nach der schwache Arbeitsmarkt, der die grosse Zinssenkung möglich gemacht hat.

Corinne Gretler: Bisher haben wir uns auf die USA konzentriert, aber wie sieht es im Rest der Welt aus? Welche, Rolle spielt China in all dem?

Dan Scott: Die grosse Angst ist derzeit die Deflation. Was wir auf keinen Fall wollen, ist eine Abwärtsspirale, wie wir sie im chinesischen Immobiliensektor beobachten. Es gibt viel Wohlstand in China, aber solange die Krise anhält, werden die Chinesen ihre Portemonnaies nicht weiter öffnen.

Mario Montagnani:  Denken wir an die Zeit zurück, als wir uns im Juli 2022 auf dem Höhepunkt der Inflation befanden. Diesen Zeitpunkt zu bestimmen war entscheidend, danach wurden alle Ziele für 2023 niedriger angesetzt als die tatsächlichen Ergebnisse. Ich glaube, das spiegelt sich in der Art und Weise wider, wie wir begonnen haben, Inflation zu analysieren. In bestimmten Sektoren oder Orten, wie zum Beispiel in China, gibt es bereits Deflation. Und dann gibt es natürlich Rohstoffe wie Öl, das sich um 180 Grad gedreht hat.

Dan Scott: Der einzige Sektor, der noch inflationär ist, ist Energie. Das sehen wir beispielsweise bei Kupfer. Öl ist im Vergleich dazu völlig eingebrochen. Aufgrund der Energie-Unabhängigkeit der USA müssen wir uns darüber aber keine Sorgen mehr machen. Einzig der Immobiliensektor bleibt ein wenig auf meinem Radar. Aber ansonsten mache ich hinter Inflation ganz klar einen Haken.

Corinne Gretler: Wie verhält es sich mit unserer langfristigen Übergewichtung von US-Aktien und den bevorstehenden US-Wahlen? Waren die Wahlen ein Faktor bei der Entscheidung, unseren Anteil an US-Aktien zu reduzieren?

Mario Montagnani: Wir waren seit September 2022 übergewichtet, also eine sehr lange Zeit. Was uns zum Umdenken veranlasst hat, war die Verlangsamung des Wachstums in der letzten Zeit. Das Wachstum ist zwar immer noch nicht schlecht, aber es ist im Vergleich zu früher deutlich geringer. Und da wir den Luxus haben, einen Schritt zurück treten zu können, weil wir so lange übergewichtet waren, tun wir genau das. Nun warten wir auf den nächsten Katalysator. Vielleicht sind das die US-Wahlen.

Corinne Gretler: Wo wir schon bei den Wahlen sind: Wie könnte jeder Kandidat die globalen Märkte beeinflussen? Sind Veränderungen in der Handelspolitik zu erwarten?

Dan Scott: Wir haben eine Liste von Unternehmen erstellt, die von Demokraten und Republikanern als Bedrohung angesehen werden. Die Demokraten haben mehr chinesische Unternehmen auf der Liste als die Republikaner. Das könnte ein Indikator sein. Generell gehen wir aber davon aus, dass Nationalismus und die Präferenz für heimische Lieferketten ein langfristiger struktureller Trend ist, an den wir uns gewöhnen müssen. Ob Harris oder Trump die Wahl gewinnt, ist im Grossen und Ganzen dasselbe, auch wenn es natürlich Unterschiede im Detail gibt.  Ich bin zum Beispiel der Meinung, dass Trump mehr Druck auf die anderen NATO-Mitglieder im Hinblick auf Beiträge zum Verteidigungsfonds ausüben würde als Harris.

Das vollständige Gespräch im Livestream:  

Publiziert am 04.11.2024 MEZ

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