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Erbrechtsrevision: neue Quoten und Pflichtteile im Erbrecht

Vorsorge
Vermögen & Vorsorge

Publiziert am 24.08.2022 MESZ

Mehr Flexibilität und Gestaltungsraum für Erblasser

Die Schweiz hat mit der Erbrechts­revision ein neues und modernes Erbrecht erhalten, das den Gestaltungs­spielraum für den Erblasser erheblich erhöht. Bei der Planung Ihres Nachlasses können Sie somit flexibler entscheiden, was und wie viel Sie Ihren Liebsten hinterlassen möchten. Das neue Erb­recht tritt per 1. Januar 2023 in Kraft. Die wichtigsten Neuerungen haben wir hier für Sie zusammengefasst.

 

Reduktion der Pflichtteile der Nachkommen

Bis anhin schrieb das Erbrecht vor, dass die Nach­kommen zwingend einen Pflicht­teil von drei Vierteln des gesetzlichen Erb­anspruches erhalten. Das neue Erbrecht reduziert den Pflicht­teil der Nachkommen auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Wegfall der Pflichtteile der Eltern

Zurzeit gelten Eltern als pflicht­teils­geschützte Erben, sofern der Erblasser kinderlos ist. Mit dem neuen Erbrecht entfällt dieser Pflicht­teil vollständig.

Erhöhung der freien Quote bei Nutzniessung

Nach geltendem Recht können sich die Ehegatten, die gemeinsame Kinder haben, mit der sogenannten Nutz­niessungs­lösung begünstigen. Dem überlebenden Ehe­gatten kann anstelle eines Viertels des Nachlasses neu die Hälfte zu Eigentum übertragen werden. Am Rest (bisher drei Viertel, neu die Hälfte) kann ihm zusätzlich die Nutzniessung eingeräumt werden. Mit dieser höheren Quote zu Eigentum wird die Ehe­gatten­begünstigung weiter ausgebaut.

Was ist ein Pflichtteil?

Das Erbrecht bestimmt, wer Erbin oder Erbe ist und wie hoch deren Anteile sind, die sogenannten Erbteile. Der Kreis der Erben und die Erbteile variieren je nach Konstellation. Haben Sie keine Nach­lass­regelung getroffen, kommen die gesetzlichen Bestimmungen zum Zug.

In einem Testament können Sie bestimmen, wer wie viel erhalten soll und so von den gesetzlich vor­gesehenen Erb­teilen abweichen. Das Gesetz schränkt aber Ihren Gestaltungs­spiel­raum durch sogenannte Pflicht­teile ein. So wird gesetzlich fest­gelegt, dass gewisse Erben zwingend einen Anspruch auf einen bestimmten Teil des gesetzlichen Erb­teils haben. Diese Pflicht­teile sind grund­sätzlich bei der Nachlass­regelung zu berück­sichtigen; über den Rest Ihres Nach­lasses können Sie frei ver­fügen. Dies ist die so­genannten freie Quote.

  

Kein Ehegattenpflichtteil bei Scheidungsverfahren

Befinden sich die Ehegatten in Scheidung und stirbt einer der Ehegatten während des Scheidungsverfahrens, so hat aktuell der überlebende Ehegatte noch Anspruch auf seinen Pflichtteil. Dieser Anspruch erlischt nach heutigem Recht erst, wenn die Scheidung rechtskräftig ist.

Neu entfällt unter bestimmten Voraus­setzungen auch der Pflicht­teils­anspruch für Ehe­gatten bereits mit Einleitung des Scheidungs­verfahrens. Der «Noch-Ehe­gatte» muss jedoch mittels Testaments oder Erbvertrag von der Erbfolge ausge­schlossen werden.

Schenkungsverbot nach Abschluss eines Erbvertrages

Das geltende Recht sieht vor, dass nach Abschluss eines Erbvertrages die Parteien zu Lebzeiten grundsätzlich frei über ihr Vermögen verfügen können. Heute gilt somit der Grundsatz der Schenkungsfreiheit. Das heisst Schenkungen, die nach Abschluss eines Erbvertrages an Dritte ausgerichtet werden, sind grund­sätzlich zulässig. Nicht zulässig und somit anfecht­bar sind diese nur, wenn ihnen eine offensichtliche Schädigungs­absicht zugrunde liegt.

Neu findet ein Paradigmenwechsel vom Grundsatz der Schenkungs­freiheit zum Grundsatz des Schenkungsverbots statt. Das heisst, dass sämtliche Schenkungen (mit Ausnahme von Gelegenheits­geschenken) nach Abschluss eines Erbvertrages grundsätzlich anfechtbar sind, ausser der Erbvertrag erlaubt solche Schenkungen explizit.

  

Übergangsbestimmungen

Entscheidend für die Anwendbarkeit des neuen Erbrechts ist der Zeitpunkt des Todes des Erblassers. Stirbt der Erblasser vor dem 1. Januar 2023, so gilt das bestehende Erbrecht; stirbt der Erblasser am oder nach dem 1. Januar 2023, gilt das neue Erbrecht; dies unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die Nachlassregelung (Testament oder Erbvertrag) errichtet worden ist.

 

Weiterführende Links zur aktuellen Erbrechtsrevision

— Gesetzesbestimmungen des Erbrechts

Häufig gestellte Fragen zur Erbrechtsrevision (FAQ)

Unser Fazit

Die Erbrechtsrevision eröffnet die Möglichkeiten, den eigenen Nachlass flexibler und noch besser den eigenen Wünschen und Vor­stellungen entsprechend zu gestalten. Insbesondere können Ehe­gatten, Konkubinats­partner, Stiefkinder in Patch­work­familien oder andere Nahe­stehende neu mit einem grösseren Anteil am Nachlass begünstigt werden.

Gerne hilft Ihnen unser erfahrenes Team von Nachlass­spezialistinnen und -spezialisten bei Ihrer individuellen Nachlass­regelung oder prüft Ihre bestehende Lösung.

 

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