Eine Person wäscht sich die Hände mit einer Seife, die Corona visrus symbolisiert.
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Corona überlebt Corona

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Globale Trends (Pandemien, Notfälle usw.)
Verhaltensbasiertes Finanzieren

Publiziert am 13.03.2020

Während das Coronavirus die globalen Finanzmärkte erschüttert, verdankt ihm das Corona-Bier unerwarteten Schwung.

Die weltweiten Finanz­märkte ächzen unter dem Einfluss der Pandemie. Und mit ihnen die Reise- und Eventbranche. Einige andere Wirtschafts­zweige erhalten indes unverhofft Auftrieb: so etwa die Anbieter von Home-Entertainment und Online Games, Lebensmittel-Lieferanten und vor allem Tech-Companies, die sich auf Lösungen für Video-Konferenzen und Home-Office-Arbeits­ätze spezialisiert haben.

 

Schaum, der schützt: Das Bild zeigt eine Nahaufnahme von den Händen einer Dame, die sich unter fliessendem Wasser den Seifenschaum von den Fingern spült.

© depositphotos

Schaum, der schützt – statt Schaum, der schmeckt: Muss wegen Corona das gleichnamige Bier einen Nachfrageschock einstecken?

 

  

THEMATIC INVESTING

Wie behaupten sich Bier-Aktien in der Pandemie?

Die Biermarke «Corona» gehört zum amerikanischen Konzern Constellation Brands Inc. und ist im S&P 500 notiert. Erfahren Sie, wie sich Bier­brauereien beziehungs­wiese ihre Mutter­konzerne zu Beginn der Pandemie behaupteten:

Zum Biermarken-Vergleich im derinet®-Blog*

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*zugänglich auch für Nicht-Kundinnen und -Kunden von Vontobel

 

 

Nun ist es offiziell: Der Verkauf des Biers der Marke Corona wird durch die unselige Namensvetterschaft mit dem pandemischen Virus nicht beeinträchtigt. «Der Name mag ein paar tausend Internet-User fehlgeleitet zu haben. Wahrscheinlicher ist», erklärt der Marketing-Professor Mark Ritson in einer kürzlich veröffentlichten Kolumne, «dass das Virus der Marke eher hilft als ihr schadet.»

 

 

 

In jeder Krise liegen auch Chancen

«Wir hören ständig das Wort ‹Corona›, und unabhängig davon, ob es dem Wort ‹Virus› vorangestellt ist, erzeugt es für die Marke einen extrem hohen Bekanntheitsgrad. Wenn man etwas kauft, verlässt man sich auf seine Instinkte und Gewohnheiten; man wählt das, woran man als Erstes denkt. Wer ein Bier bestellt, denkt dabei nicht an die aktuellen Ereignisse. Und wenn Sie eine Bar betreten, hören sie dort nicht Frage: ‹Fühlen Sie sich durch dieses Bier an eine Krankheit erinnert?› Sondern die Frage der Bedienung lautet: ‹Was darf ich Ihnen bringen?›. Für Tausende von Menschen wird die Antwort darauf sein: ein Corona, bitte», sagt Mark Ritson. «Nicht wegen der negativen Assoziation, sondern weil es vielleicht der erste Bier-Name ist, der einem in den Sinn kommt.»

Corona Bier überlebt also das Corona Virus und profitiert von der Krise – wie viele andere Marken auch. Es sind nicht nur die offensichtlichen Produkte wie Handdesinfektionsmittel, Seife und alle Varianten von Gesichtsmasken, die derzeit reissenden Absatz finden. Es gibt noch weitere überraschende Gewinner der Pandemie. «In jeder Krise liegen auch Chancen», sagt Elspeth Cheung, Global Valuation Director von der britischen Unternehmensberatung Kantar Millward Brown. «Einige Unternehmen werden von der Epidemie richtig profitieren.»

In China, wo Menschen seit Monaten zu Hause eingesperrt sind, ist der Aufschwung unübersehbar, den die Quarantäne für die Unterhaltungsindustrie mit sich bringt. Die Nutzung von TikTok ist sprunghaft angestiegen; Online Games stürzen wegen zu hoher Nachfrage immer wieder ab; und Alibaba hat ein System etabliert, mit dem die Menschen per Livestream Lebensmittel kaufen können.

Fertigsuppen verkaufen sich extrem gut

Im Vereinigten Königreich sind die Menschen zwar noch nicht vollkommen von der Aussenwelt abgeschnitten, aber es gibt bereits erste Anzeichen für ein krisentypisches Kaufverhalten. Nach der ersten positiven Diagnose eines Corona-Patienten begannen die Menschen, Vorräte zu horten. Jeder zehnte britische Verbraucher hat damit bereits begonnen, was wiederum die Supermärkte dazu zwingt, Grundnahrungsmittel wie Teigwaren, H-Milch und Gemüsekonserven zu rationieren. In Grossbritannien stieg die Nachfrage nach der Lieferung von Lebensmitteln auf das Niveau der Weihnachtszeit. Selbst nach einer Kapazitätserhöhung um 20 Prozent kommt es weiterhin zu drastischen Lieferengpässen. Der Bedarf ist so hoch, dass ein Supermarktleiter sogar vorschlug, das Militär zur Hilfe zu rufen. Auf dem europäischen Kontinent verhält es sich nicht anders. In der vergangenen Woche stieg in Deutschland der Verkauf von Fertigsuppen um 112 Prozent, von Fisch- und Obstkonserven um 70 Prozent, von Teigwaren um 73 Prozent und von Gemüsekonserven um 80 Prozent.

 

 

Der Aktienwert von Zoom hat sich verdoppelt

Auch der in London ansässige weltweite Food-Lieferant Deliveroo profitiert gewaltig von den Quarantäne-Massnahmen. In Hongkong sind die Bestellungen für Mittags-Menüs im Vergleich zum Januar um fast 100 Prozent gestiegen. Weitere Absperrungen werden die Nachfrage sukzessiv erhöhen. Ebenso wie der Bedarf an Home Entertainment. Damit erklärt sich, warum Finanzanalysten weltweit auf die Aktien von Netflix, Facebook und des Livestream-Workout-Unternehmens Peloton setzen. Wenn weitere Büros in Grossbritannien geschlossen werden, wird sich dieser Trend auch auf der Insel durchsetzen. Facebook, Sony und Nike gehörten zu den ersten, die ihre Mitarbeiter vorüber nach Hause geschickt haben. Marktbeobachter sagen voraus, dass sie nicht die letzten gewesen sind.

Während die überwiegende Mehrheit der Aktien in den letzten Wochen stark gefallen ist, sind die Anteile des Video-Konferenz-Anbieters Zoom heute fast doppelt so viel wert wie noch zu Anfang Januar. Die Plattform hat Ende letzten Jahres seinen grossen Aufschwung erlebt. Die plötzliche Nachfrage nach Home-Office-Arbeitsplätzen macht sie nun wertvoller denn je. Kurioserweise verdoppelte sich im Februar auch der Aktienwert des Unternehmens «Zoom Technologies». Die Investoren haben irrtümlich auf das falsche, namensähnliche Pferd gesetzt. Sehr zufrieden dürfte man auch bei der Chat-App «Slack» sein. Die Aktien des Herstellers stiegen im Februar um 30,3 Prozent. Insgesamt lässt sich also konstatieren, dass die Home-Office-Technik derzeit der grösste Nutzniesser von Covid-19 ist.

In China hat die grosse Menge an Menschen, die über eine Cloud arbeiten, die Technologieunternehmen gezwungen, ihre bestehenden Anwendungen für das Arbeiten an entfernten Orten aufzurüsten, bzw. neue Dienste einzuführen. Shelly Banjo und Lulu Chen vom Informationsdienst Bloomberg hatten Recht, als sie schrieben: «Während das Corona Virus der Menschheit Angst einflösst, wirkt es wie Doping für die Produktivitäts-Apps.»

Auch ohne Quarantänen befindet sich das Modell «Arbeitsplatz» weltweit im Umbruch. Und das womöglich nicht nur vorübergehend. «Ich denke, die Krise wird langfristig definieren, wie wir virtuell von der ganzen Welt aus arbeiten können», sagt Chung. «Die Wachstumsraten werden vielleicht nicht mehr so rasant sein, wenn die Pandemie vorbei ist, aber sobald wir die Gewohnheit entwickelt haben, unsere Aufgaben auch online erledigen zu können, wird das unsere Konsumgewohnheiten drastisch verändern.»

 

 

In der Not kaufen die Menschen im Netz

Gewohnheit ist eine Macht. Sie ist stark genug, um Menschen zu veranlassen, ein Bier zu kaufen, trotz seines negativen Beigeschmacks im Namen. Wenn sich die Gewohnheiten der Menschen ändern, öffnen sich komplett neue Märkte für neue Produkte und Dienstleistungen. Wenn die Bürger gezwungen sind, zu Hause zu bleiben, werden sie ihr Leben entsprechend anpassen. Das gilt auch für die Unternehmen in ihrer unmittelbaren Umgebung. Und wenn diese Umstellung erst einmal in Fleisch und Blut übergegangen ist, wird es schwierig sein, sie zu revidieren. Der amerikanische Erfolgsautor Charles Duhigg schreibt: «Gewohnheiten prägen unser Leben weit mehr, als uns bewusst ist. Sie sind so stark, dass sie unserem Gehirn befehlen, an ihnen festzuhalten – auch entgegen des gesunden Menschenverstandes.»

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Lebensgewohnheiten von Millionen von Menschen durch eine Pandemie verändert haben. Der Erfolg von Chinas Online-Einzelhandel beispielsweise liegt wohl in dem SARS-Virus begründet, der die Nation 2003 erschütterte. «Obwohl er Tausende von Menschen krank machte und fast achthundert davon tötete, hatte der Ausbruch des Virus eine merkwürdig positive Auswirkung auf den chinesischen Internet-Handel», schreibt Duncan Clark in «The House That Jack Ma Built», einer Biographie des Alibaba-Gründers. Entscheidend für Alibaba war, dass SARS Millionen von Menschen veranlasste, nicht mehr in einem Geschäft, sondern online einzukaufen. Wenn SARS die Chinesen für das Online-Shopping begeistern konnte, könnte das Coronavirus vielleicht auch unsere Art zu arbeiten verändern? Da die Pandemie weiterhin die Menschen von ihren Arbeitsplätzen fernhält, wird sie mit hoher Wahrscheinlichkeit auch diesbezüglich dramatische Veränderungen in Gang setzen. Zumindest in Bezug auf die dafür verwendete Technik. In jedem Fall hat die Krise so bereits jetzt ihren grossen Gewinner gekürt.

 

Von
Sophia Epstein,

Journalistin beim Technologiemagazin Wired UK.

Ihre Recherche veröffentlichen wir hier als Teil unserer Publishing Partnership mit Wired UK.

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