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Immobilien vererben oder schenken?
Publiziert am 29.01.2024 MEZ
Die selbstbewohnte Liegenschaft ist oft der wertvollste Vermögenswert der Eigentümer und hat einen grossen emotionalen Wert, sowohl für die Eltern als auch die Kinder. Daher ist es wichtig, bei der Nachlassplanung die erbrechtlichen und steuerlichen Vor- und Nachteile sorgfältig abzuwägen und frühzeitig Klarheit für alle Beteiligten zu schaffen.
Es ist eine der schwierigsten und emotionalsten Fragen in der Nachlassplanung: Was soll mit der selbstbewohnten Liegenschaft während der Lebenszeit oder nach dem Ableben des Eigentümers geschehen? Ein fundiertes Verständnis der verschiedenen Möglichkeiten hilft, sowohl den Wünschen des Eigentümers als auch den Bedürfnissen der Familie gerecht zu werden. Ein wichtiger Entscheidungsfaktor sind zudem steuerliche Überlegungen.
Das Thema Erbrecht steht bei der Übertragung einer Immobilie zu Lebzeiten oft noch nicht im Fokus. Wer sich allerdings damit auseinandersetzt, kann unliebsame Überraschungen vermeiden.
Erfolgt die Übertragung als Erbvorbezug (als Anrechnung an den künftigen Erbteil), muss dieser Vorbezug mit dem effektiven Wert am Todestag gegenüber dem überlebenden Elternteil und den Geschwistern ausgeglichen werden. Was bedeutet dies? Die Erbteile müssen von Gesetzes wegen so berechnet werden, als ob die Liegenschaft oder der Anteil daran zum Zeitpunkt des Todes noch im Besitz des Erblassers gewesen wäre.
Für den neuen Eigentümer kann es unangenehm werden, wenn die Immobilienpreise seit der Übertragung gestiegen sind. Er muss dann einen höheren Wertanteil mit den Miterben teilen, als er bei der Übertragung erhalten hat. Die Abrechnung kann kompliziert werden, wenn der neue Besitzer seither Renovierungsarbeiten aus eigenen Mitteln vorgenommen hat.
Schenkung von Geld oder der Liegenschaft?
Es ist daher wichtig, dass der Erblasser zum Beispiel im Testament regelt, wie mit Wertveränderungen umzugehen ist, oder dass die Übertragung als Kauf vorausschauend gestaltet wird. Als Möglichkeit bietet sich an, dem Kind Geld zum Kauf der Liegenschaft zu schenken statt der Liegenschaft an sich. In diesem Fall könnten jedoch Grundstückgewinnsteuern anfallen. Zudem kann der «Verkauf» der Liegenschaft an das Kind auch erbrechtliche Folgen mit sich ziehen, falls der Kaufpreis zu tief angesetzt wurde.
Wenn alle Familienmitglieder einverstanden sind, ist es ratsam, die Übertragung der Immobilie in einem Erbvertrag zu regeln. So können eventuelle Probleme frühzeitig erkannt und gelöst werden.
Befindet sich die Liegenschaft oder ein Teil davon beim Tod des Eigentümers noch in dessen Vermögen, so fällt sie in dessen Nachlass. Ob und wie die selbstbewohnte Immobilie vererbt wird, hängt stark davon ab, ob der Eigentümer eine klare Regelung im Testament oder Erbvertrag getroffen hat.
Der Erblasser kann grundsätzlich bestimmen, welcher seiner Erben einen bestimmten Vermögenswert erhalten soll. Das funktioniert jedoch oft nicht, wenn die Liegenschaft der weitaus grösste Vermögenswert ist. Wenn die Liegenschaft den Erbteil jener Person übersteigt, welche die Liegenschaft erhalten soll, muss sie den anderen Erben diesen (hohen) Differenzbetrag auszahlen.
Eine Ratenzahlung des Differenzbetrags ist nur mit Zustimmung der Miterben möglich. Wer frühzeitig plant, kann solche Hindernisse teils lösen. Es gibt weitere Themen, die bei einer Zuteilung der Liegenschaft an ein Kind geregelt werden sollten. Dazu gehören die Bewertung der Liegenschaft, die Auswahl eines Liegenschaftsbewerters und die Berücksichtigung allfälliger Grundstückgewinnsteuern.
Den überlebenden Ehegatten absichern
Wenn die Familienliegenschaft nicht an ein Kind gehen soll, möchten Ehegatten häufig sicherstellen, dass der überlebende Ehegatte die Liegenschaft nicht verkaufen muss, um die Erbteile der Kinder auszubezahlen. Dies lässt sich zumindest gegenüber gemeinsamen Nachkommen mit der letztwilligen Einräumung einer Nutzniessung erreichen. Der überlebende Ehegatte kann so lebenslänglich in der Liegenschaft wohnen oder diese vermieten. Dies gilt auch, wenn das nackte Eigentum bereits an die Nachkommen übergegangen ist.
Wenn ein Erblasser letztwillig nicht über das Schicksal der Liegenschaft verfügt hat, müssen sich die Erben über die Aufteilung selbst einigen. Einzig der überlebende Ehegatte hat von Gesetzes wegen unter Umständen einen Anspruch auf Übernahme der Liegenschaft. Erfahrungsgemäss ergeben sich in diesem Fall häufig Diskussionen, wer die Liegenschaft zu welchem Preis übernehmen kann. Eine Regelung ist also dringend zu empfehlen, ausser es steht schon fest, dass die Erben die Liegenschaft ohnehin verkaufen wollen.
Tipp für eine unkomplizierte güterrechtliche Auseinandersetzung
Bei verheirateten Erblassern muss vor der Erbteilung zudem die güterrechtliche Auseinandersetzung mit dem überlebenden Ehegatten gemacht werden. Dies ist nicht besonders kompliziert, wenn beide Ehegatten zu gleichen Teilen die Liegenschaft erworben haben oder ausschliesslich ein Ehegatte die Liegenschaft finanziert hat und diese im Grundbuch auch nur auf ihn lautet. Die Auseinandersetzung wird komplizierter, wenn die Finanzierung und das Eigentum voneinander abweichen. Zum Beispiel, wenn der Bau eines Wintergartens oder Pools mit dem Geld der Ehefrau finanziert wird, die Liegenschaft im Grundbuch aber auf den Ehemann lautet. Wir empfehlen, dass die Ehegatten lebzeitig die Zahlungsflüsse sauber dokumentieren und die Abrechnungsmodalitäten regeln.
Vorsicht bei der Berücksichtigung eines Nicht-Erben
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn eine Liegenschaft als Vermächtnis einem Dritten hinterlassen werden soll, der nicht Erbe ist. In dem Fall ist klarzustellen, was mit allfälligen auf der Liegenschaft lastenden Hypothekarschulden geschieht. Ohne eine Anordnung des Erblassers belasten diese Schulden weiterhin die Erben, nicht den Vermächtnisnehmer.
Steuerliche Überlegungen: Antworten auf wichtige Fragen
Was lohnt sich mehr: Schenkung oder Erbvorbezug?
Wer seine Liegenschaft unentgeltlich oder unterpreislich zu Lebzeiten auf die Kinder übertragen möchte, hat zwei Möglichkeiten:
Schenkung oder Erbvorzug.
Im Falle eines Erbvorbezuges bilden die Kinder eine Erbvorbezugsgemeinschaft. Soll die Liegenschaft nach dem Ableben des Elternteils zum Beispiel auf ein Kind übertragen werden, kann dies in vielen Kantonen unter dem Titel der Erbteilung erfolgen.
- Dies hat den Vorteil, dass anlässlich einer späteren Handänderung unter den Geschwistern eine allfällige Grundstückgewinnsteuer weiterhin aufgeschoben wird.
Würde die Liegenschaft stattdessen bereits als Schenkung übertragen, würde ein späterer Eigentumswechsel unter den Geschwistern allenfalls je nach Kanton die anteilige Grundstückgewinnsteuer beziehungsweise Handänderungssteuer auslösen.
- Mit einem Erbvorbezug könnten also gegebenenfalls Steuern gespart werden.
Wird die Grundstückgewinnsteur bei der Schenkung immer aufgeschoben?
Nein. Bei sogenannten gemischten Schenkungen ist Vorsicht geboten.
Wenn die Liegenschaft mit der Hypothek übertragen wird, liegt im Umfang der übernommenen Hypothek ein entgeltliches Rechtsgeschäft (Verkauf) vor. Falls die entgeltliche Komponente eine gewisse Höhe überschreitet, könnte das ganze Rechtsgeschäft als Verkauf qualifizieren und damit je nach Kanton eine Grundstückgewinnsteuer beziehungsweise Handänderungssteuer auslösen.
Der Vater schenkt seiner Tochter eine in Zürich gelegene Liegenschaft im Wert von CHF 3 Millionen samt Hypothek von CHF 2 Millionen und behält sich gleichzeitig Zeit seines Lebens das Nutzniessungsrecht vor, welches einem Barwert von CHF 400 000 entspricht. In diesem Beispiel beträgt die Schenkung lediglich CHF 600 000 (Marktwert von CHF 3 Millionen abzüglich Verpflichtungen im Umfang von CHF 2,4 Millionen). Gemäss Zürcher Praxis spricht man von einer Schenkung, wenn das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung mindestens 25 Prozent des Marktwertes entspricht. In unserem Beispiel liegt das Missverhältnis lediglich bei 20 Prozent. Somit dürfte diese gemischte Schenkung im Kanton Zürich gegebenenfalls eine entsprechende Grundstückgewinnsteuer auslösen. Diese Steuer hätte übrigens vermieden werden können, wenn zum Beispiel die Hypothek im Sinne eines Drittpfandes beim schenkenden Vater verblieben wäre. Bitte beachten Sie, dass innerhalb der Schweiz bei gemischten Rechtsgeschäften unterschiedliche Praxen bestehen.
Ist Schenken immer gleich Vererben?
Nein. Wer eine Liegenschaft geschenkt bekommt, unterliegt am Ort der gelegenen Sache der Schenkungssteuer1. Wer eine Liegenschaft hingegen erbt, unterliegt der Erbschaftssteuer. Dabei gelten andere Ausscheidungsregeln, welche dazu führen können, dass andere Erbschaftssteuergesetze zu Anwendung kommen, als nur die am Liegenschaftsort geltenden Bestimmungen.
Im Kanton Graubünden sind Konkubinatspaare wie Ehepartner von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit im Gegensatz zum Kanton Zürich. Würde nun eine im Kanton Graubünden liegende Ferienliegenschaft zu Lebzeiten an den Konkubinatspartner schenkungshalber übertragen werden, fällt keine Schenkungssteuer an, weil hier nur das Schenkungssteuergesetz von Kanton Graubünden gilt.
Würde die Bündner Liegenschaft hingegen vom im Kanton Zürich lebenden Partner nach dessen Ableben in Form einer Erbschaft oder als Vermächtnis auf den überlebenden Konkubinatspartner übertragen werden, ist anteilsmässig eine Zürcher Erbschaftssteuer von bis zu 36 Prozent geschuldet. Mit einer lebzeitigen Schenkung hätten hier also Steuern gespart werden können.
Wie lässt sich eine Erbschafts- oder Schenkungssteuer sonst noch mildern?
Unterliegt die unentgeltliche Übertragung einer Liegenschaft der Erbschafts- oder Schenkungssteuer, insbesondere, wenn keine Verwandte bedacht werden sollen, so liesse sich diese Steuer allenfalls wie folgt reduzieren. Bei einer lebzeitigen Schenkung könnte sich der Schenker ein lebenslanges Wohn- oder Nutzniessungrecht vorbehalten. Der Beschenkte erhält damit lediglich das sogennante nackte Eigentum an der Liegenschaft. Geschenkt wird in dem Sinne nicht die unbelastete Liegenschaft, sondern eine mit der Nutzniessung belastete Liegenschaft. Diese Belastung reduziert den Wert der Schenkung, was in vielen, aber nicht allen Kantonen zu einer entsprechenden Reduktion der Schenkungssteuer führen kann. Nach dem Ableben des Nutzniessers ist die Liegenschaft bereits im vollen Eigentum des Beschenkten und unterliegt nicht mehr der Erbschaftssteuer.
Fazit
Eigentümer von Liegenschaften tun gut daran, sich lebzeitig über das Schicksal ihrer Liegenschaft Gedanken zu machen. Insbesondere wenn diese in der Familie bleiben soll, ist eine Beratung zu empfehlen. Gerne schauen wir mit Ihnen an, was das beste Vorgehen ist.
1 Eine Ausnahme bildet Luzern: Schenkungen und Erbvorempfänge, die innert fünf Jahren vor dem Tod einer Person ausgerichtet worden sind, unterliegen der Erbschaftssteuer. Voraussetzung dafür ist, dass diese Person im Zeitpunkt der Schenkung ihren Wohnsitz im Kanton Luzern hatte oder dass ein luzernisches Grundstück verschenkt worden ist.
Publiziert am 29.01.2024 MEZ
ÜBER DIE AUTOREN
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Claude Frosio
Head Tax Consulting
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Florian Wegmann
Senior Berater Nachlass